10 Jahre Wien Hauptbahnhof

Wie aus einem Bahnhof ein neues Stadtzentrum wurde

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10 Jahre Wien Hauptbahnhof

Am 10. Oktober 2024 jährte sich die Eröffnung des Wiener Hauptbahnhofs zum zehnten Mal. Was heute als funktionierendes Drehkreuz für Bahnreisende, Pendler und Shoppinggäste bekannt ist, begann einst mit einem radikalen Umbruch: dem Abriss des Südbahnhofs und dem mutigen Plan, einen komplett neuen, durchgängigen Hauptbahnhof mitten in der Stadt zu errichten.

Vom Südbahnhof zum internationalen Knotenpunkt

Die Grundlagen wurden bereits 2007 gelegt. Der alte Südbahnhof wurde schrittweise zurückgebaut, 2009 folgte der vollständige Abriss. An seiner Stelle sollte ein moderner Durchgangsbahnhof entstehen – einer, der Nord-Süd- und Ost-West-Verbindungen integriert und Wien erstmals an das europäische Hochgeschwindigkeitsnetz vollständig anschließt.

Der neue Hauptbahnhof wurde:

  • ab 2010 gebaut,
  • ab 2012 schrittweise in Betrieb genommen
  • und schließlich am 10. Oktober 2014 vollständig eröffnet – inklusive BahnhofCity mit Geschäften, Gastronomie und Hotellerie.

Zahlen, die beeindrucken

Heute ist der Wiener Hauptbahnhof einer der meistfrequentierten Bahnhöfe Mitteleuropas:

  • Über 1.100 Züge täglich, darunter Railjets, ICEs, Nightjets und S-Bahnen
  • Bis zu 268.000 Personen pro Tag
  • 12 Bahnsteige, davon 10 Durchgangsbahnsteige
  • 20.000 Quadratmeter Handelsfläche mit rund 90 Shops und Lokalen

Stadtentwicklung rund um die Gleise

Mit dem Bau des Wiener Hauptbahnhofs entstand nicht nur ein neuer Verkehrsknotenpunkt, sondern zugleich ein vollkommen neues Stadtquartier: das Sonnwendviertel. Auf dem einst brachliegenden Gleisfeld südlich des ehemaligen Südbahnhofs entwickelte sich eines der modernsten Wohn- und Arbeitsgebiete der Stadt. Mehr als 5.000 neue Wohnungen wurden errichtet, viele davon als geförderter Wohnbau. Ergänzt wird das Viertel durch eine Vielzahl an Infrastruktureinrichtungen wie Kindergärten, Schulen und moderne Bürogebäude.

Daniel-tbsWien Sonnwendviertel 06CC BY-SA 4.0

Heute bietet das Umfeld des Bahnhofs rund 20.000 Menschen einen Arbeitsplatz. Gleichzeitig wurde auch auf urbane Lebensqualität geachtet: Ein großzügiger Park, Nahversorger, Cafés und kulturelle Einrichtungen sorgen dafür, dass das Viertel nicht nur funktional, sondern auch lebenswert ist. Die Entwicklung des Sonnwendviertels war damit ein integraler Bestandteil der Gesamtplanung – von Beginn an als langfristiges, städtebauliches Projekt gedacht.

Architektur und Nachhaltigkeit

Auch architektonisch setzt der Wiener Hauptbahnhof Maßstäbe. Besonders prägend ist das weit gespannte Rautendach, das sich über die Bahnsteige zieht und mit über 7.000 Tonnen Stahl realisiert wurde. Für diese beeindruckende Konstruktion erhielt der Bahnhof 2013 den Österreichischen Stahlbaupreis.

Geolina163Wien Hbf 2023 10CC BY-SA 4.0

Doch das Projekt überzeugte nicht nur durch seine äußere Erscheinung. Bereits in der Planungsphase wurde großer Wert auf ökologische Nachhaltigkeit gelegt. So wird der Bahnhof über Fernwärme und Fernkälte versorgt, Photovoltaikanlagen auf den Bahnsteigdächern liefern einen Teil der Energie, und auch geothermische Systeme kommen zum Einsatz. Darüber hinaus wurde beim Bau auf Recyclingmaterialien zurückgegriffen, was nicht nur Ressourcen schonte, sondern auch die CO₂-Bilanz verbesserte. Dieses umfassende Nachhaltigkeitskonzept wurde 2014 mit dem Umweltpreis der Stadt Wien ausgezeichnet – ein sichtbares Zeichen dafür, dass moderne Infrastruktur heute weit über reine Funktionalität hinausgehen muss.

Erinnerung trifft Moderne

Trotz des klaren Blicks in die Zukunft hat man bewusst historische Elemente in das neue Bahnhofskonzept integriert. Ein restaurierter Markuslöwe aus dem ehemaligen Südbahnhof erinnert heute in der Haupthalle an die Vergangenheit des Ortes.

Josef Leimer, Wien, Hauptbahnhof, geflügelter Löwe, 7CC BY-SA 4.0

Auch kulturell wurde der Bahnhof aufgewertet: So wurde zum fünfjährigen Bestehen 2019 die Kunstinstallation „12 Töne“ des Künstlers Peter Sandbichler präsentiert – ein Beispiel dafür, wie Verkehrsräume auch als kulturelle Begegnungsräume gestaltet werden können. Der Wiener Hauptbahnhof ist damit nicht nur ein Ort der Mobilität, sondern auch einer mit Identität und Geschichte.


Zehn Jahre nach seiner Eröffnung ist der Wiener Hauptbahnhof weit mehr als ein Verkehrsbauwerk. Er ist:

  • Verkehrsknoten,
  • Stadtentwicklungsprojekt,
  • Handelsstandort,
  • architektonisches Aushängeschild

Er zeigt, wie Infrastruktur neue Räume schafft – nicht nur für Mobilität, sondern auch für Leben und Begegnung.

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